Sprachschule an der Südküste Englands
Um all das, was ich bisher im Englischunterricht gelernt hatte, endlich anwenden und verbessern zu können, beschloss ich, eine Sprachreise nach Weymouth an der Südküste Englands zu machen. Etwa drei Monate vor der Abfahrt bekam ich die Bestätigung von meinem Sprachkursanbieter.
Ich freute mich riesig auf die zwei Wochen. Kurz vor der Abfahrt wurde ich doch noch etwas unsicher, wie alles werden würde, da ich mich entschieden hatte, ohne Freunde zu reisen. Aber meine Familie machte mir Mut und redete mir gut zu, sodass ich meiner Sprachreise optimistisch und voller Vorfreude entgegensehen konnte. Zwei Tage, nachdem ich mein Jahreszeugnis bekommen hatte, ging es auch schon los. Ich fuhr mit meiner Familie zu der Autobahnraststätte, an der ein Reisebus mich mitnehmen sollte. Nachdem mich zwei Teamleiter empfangen hatten und mein Gepäck verstaut war, stieg ich voller Aufregung in den Bus. Fast alle Plätze waren schon besetzt, da ich am letzten Einstiegsort dazukam. Ich setzte mich neben ein gleichaltriges Mädchen und beim ersten Small Talk stellte sich heraus, dass sie auch nach Weymouth fuhr.
Nach einer ermüdenden Nachtfahrt kamen wir endlich in Calais an und setzten etwas später mit der Fähre nach Dover über. Von dort aus dauerte es noch etwa vier Stunden, bis wir erschöpft an einem Busparkplatz in Weymouth eintrafen. Nun war ich gespannt auf meine Gastfamilie, von der ich allerdings nur den Namen und die Adresse wusste. Schließlich wurde mein Name aufgerufen. Als ich mich der etwa 55-jährigen Frau vorstellte, erzählte sie mir gleich, dass ich bei ihrer Tochter Chantelle wohnen würde, die mich aber nicht abholen könnte, da sie kein Auto besäße. Nach einer kurzen Fahrt durch den schönen Ort Weymouth kamen meine „Gastgroßmutter“ Yasmin und ich an einem schmalen Haus an, wo mich die junge, alleinerziehende Mutter und ihre fünfjährige Tochter Chloe empfingen. Yasmin sollte ich noch häufiger treffen, da sie abends auf Chloe aufpasste und für mich das Essen aufwärmte, wenn meine Gastmutter im Pub arbeitete. Die Gerichte waren eigentlich immer lecker, abgesehen von Kombinationen wie Pommes mit Pizza, die mir weniger gut schmeckten.
Am nächsten Morgen traf ich die anderen Sprachschüler in der Stadt zu einigen Kennenlernspielen und einer Stadtführung. Wir waren insgesamt circa 60 Jugendliche, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Dabei stellte sich heraus, dass ich gar nicht mit meiner Sitznachbarin von der Hinfahrt in einer Gruppe war, doch das war nicht weiter schlimm, denn ich lernte viele nette Leute in meiner Gruppe kennen und fühlte mich von Anfang an wohl. Wir waren etwa 25 Mädchen und drei Jungen im Alter von 14 bis 17 Jahren aus den verschiedensten Regionen Deutschlands. Auch die drei Teamleiter waren sehr freundlich. Sie zeigten uns die Sprachschule, das Busdepot und weitere für uns wichtige Plätze. Als ich nachmittags mit dem Bus zu meiner Gastfamilie zurückfuhr, wusste ich bereits, dass die nächsten zwei Wochen toll werden würden. Dann kam auch schon der erste Tag in der Sprachschule: Es fand ein Einstufungstest nach Multiple-Choice-Verfahren statt, der aus 100 Grammatikfragen bestand. Anschließend wurden wir in zwei Lerngruppen eingeteilt. Meine Lehrerin hieß Cathy, war etwa 70 Jahre alt und gab schon seit langem Unterricht für deutsche Sprachschüler.
In der ersten Woche hatten wir morgens von 9 bis 13 Uhr Sprachkurs. Das hört sich zwar viel an, der Unterricht war jedoch ganz anders gestaltet als zu Hause in der Schule. Wir arbeiteten viel in Gruppen und jeden Tag gab es verschiedene Rollenspiele, Rätsel und Aufgaben, beispielsweise ein Verhör bei einem Mordfall. In allen Aufgaben ging es darum, möglichst viel Englisch zu sprechen und neue Redewendungen und Vokabeln zu erlernen – Deutsch reden war tabu. Wir alle kamen gerne zum Unterricht und arbeiteten immer aufmerksam mit. Wenn Cathy „Have a break, have a Kit Kat“ sagte, gingen wir zur Pause in den Garten und packten unsere Lunchpakete aus. Sie bestanden meistens aus zwei Sandwiches, einem Schokoriegel, einem Getränk und natürlich Chips in verschiedenen Varianten. Die meisten aus der Gruppe hatten zusätzlich einen Reit- oder Malkurs gebucht, der nachmittags stattfand. Für mich und zwölf andere Sprachschüler, die sich für ein individuelles Freizeitprogramm entschieden hatten, standen nach der Mittagspause die verschiedensten Aktivitäten auf dem Plan. In der ersten Woche veranstalteten wir ein typisch englisches „pub quiz“ und ein „10p game“, bei dem man für 10 Pence etwas Kreatives kaufen sollte. Obwohl unsere Teamleiter auch aus Deutschland kamen, redeten wir überwiegend auf Englisch mit ihnen.
„Die Stimmung in der Gruppe war immer gut und jeder wurde integriert“
Unser erster Halbtagesausflug ging wegen des schlechten Wetters zum Dolphin Shopping Center in Poole, einer nahe gelegenen Stadt. Zum Glück war es aber nur an ein paar Tagen regnerisch. An einem warmen Nachmittag fand die „sandcastle competition“ am Strand von Weymouth statt. In kleinen Gruppen bauten wir mithilfe von Eimern und Schaufeln große Sandburgen. Als wir uns für unser Kunstwerk einen Platz nah am Meer aussuchten, ahnten wir noch nicht, dass am Ende nur noch ein winziger Haufen unserer Burg übrig bleiben würde, da das Wasser immer näher kam. Dennoch hatten wir alle viel Spaß und jede Sandburg bekam bei der Bewertung eine Menge Punkte. Bei den „beach olympics“ hatten wir verschiedene Aufgaben zu lösen, zum Beispiel mussten wir mithilfe eines Schwamms möglichst schnell eine Schüssel mit Meerwasser füllen. Der Strand von Weymouth war wirklich schön und wir verbrachten viel Zeit dort. Die Stimmung in der Gruppe war immer gut und jeder wurde integriert. Jeden Abend nach dem Essen in der Gastfamilie verabredeten wir uns und trafen uns zusammen in der Stadt.
„Auch in dieser Woche verbrachten wir viel Zeit am Strand“
Nach dem erlebnisreichen Wochenende begann die zweite Woche meiner Sprachreise. An diesen Tagen fanden die Freizeitaktivitäten, Reit- und Malstunden morgens statt, der Sprachunterricht begann um 12 Uhr und endete zwischen 16 und 17 Uhr. Auch in dieser Woche verbrachten wir viel Zeit am Strand und plauderten über die bisherigen Erlebnisse. Das Tretbootfahren auf offenem Meer machte besonders viel Spaß, da wir von den Wellen hin und her geschaukelt wurden und hinterher pitschnass waren. Allerdings mussten wir mit nasser Hose direkt zum Unterricht gehen. Beim zweiten Halbtagesausflug besuchten wir das berühmte Steintor Durdle Door. Wir wanderten einen Weg entlang und als wir über einen Hügel kamen, konnte ich meinen Augen kaum trauen: Vor uns lag das klare, blaue Wasser und die Steilküste mit hellem Sandstrand. Ein Stück weiter sahen wir das bekannte Steintor im Meer. Wir verbrachten mehrere Stunden dort, ich schoss unzählige Fotos und genoss das Urlaubsfeeling. Diesen Ausblick werde ich bestimmt nie vergessen!
„Der letzte Schultag begann mit einem typisch englischen Frühstück“
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug und mir wurde bewusst, dass ich schon bald wieder zurückfahren musste. Der letzte Schultag begann mit einem typisch englischen Frühstück mit Würstchen, Speck und „Baked Beans“. Im Unterricht hatten wir in den vergangenen Tagen an einer Präsentation gearbeitet. Meine Gruppe hatte eine Parodie des berühmten Werkes „Romeo und Julia“ vorbereitet, die wir am letzten Tag aufführten. Unsere Lehrerin war sichtlich begeistert. Sie verteilte unsere Sprachzertifikate und verabschiedete sich herzlich von uns. Abends bei der Abschlussdisco war die Stimmung zwar gut, aber allen war bewusst, dass wir uns so schnell nicht wiedersehen würden. Am nächsten Morgen musste ich mich dann von meiner Gastfamilie verabschieden. Ich bedankte mich bei Chantelle und meine Gastschwester Chloe weinte sogar ein wenig. Am Abfahrtsort sahen wir die Busse mit den neuen Sprachschülern aus Deutschland und waren alle etwas neidisch, dass sie ihre tolle Zeit noch vor sich hatten. Dann ging es zum zweiten Mal nach London. Mit sechs anderen Sprachschülern, die mir in der Zeit sehr ans Herz gewachsen waren, ging ich auf den Camden Market und kaufte ein paar Souvenirs für meine Familie. Am Abend fuhren wir nach Dover und nahmen die Nachtfähre, auf der alle ihr restliches Kleingeld in der Cafeteria ausgaben. In den Niederlanden musste ich in einen anderen Bus umsteigen und mich daher von meiner Gruppe verabschieden. Ein paar Stunden später wurde ich auch schon von meiner Mutter empfangen und begann, von meinen tollen Erlebnissen zu berichten.
Dorothee Kalkmann, 16, kommt aus Osnabrück und wird voraussichtlich 2016 ihr Abitur machen. Danach möchte sie gerne für mehrere Monate ins Ausland gehen, zum Beispiel als Au-Pair in ein englischsprachiges Land. Auf diese Weise kann sie wieder in einer Familie wohnen und richtig in die Kultur und den Alltag des Gastlandes eintauchen.
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