Unvergessliche Erlebnisse in Frankreich und Spanien
Work and Travel war für mich immer schon eine der besten Reisearten: kostengünstig und erlebnisreich. Nur so lernt man auch die Lebensrealität der lokalen Bevölkerung auf Reisen zumindest annähernd kennen. Zudem hat man durch die meist von Gastfamilien gestellte Unterkunft immer direkt Kontakt zu Einheimischen mit tollen Reiseideen.
In meinem Gap Year 2023 entschied ich mich daher, die Zeit vor dem Studium zu nutzen. Mit etwas Erspartem aus den Monaten vor der Reise entschied ich mich, zwei Monate lang von Paris bis nach Barcelona durch verschiedene Städte zu reisen. An zwei Orten wollte ich länger bleiben, um zu arbeiten und mein Budget wieder aufzustocken.
Meine Reise startete mit einem Besuch bei einer Freundin in Paris. Sie verbrachte dort ihr Auslandssemester und wir teilten uns für ein paar Tage ihre kleine Unterkunft. Ich war schon mehrmals in Paris gewesen, aber immer eher als Tourist unterwegs. Mit ihrer Begleitung (und ihren Französischkenntnissen) habe ich die Stadt jedoch ganz anders erlebt und zu schätzen gelernt. Die Distanziertheit der Menschen war zwar in Paris immer noch spürbar, aber als „Landei“ ist das wohl in jeder Großstadt der Fall. Gemeinsam verbrachten wir unsere Tage mit langen Spaziergängen durch die Stadt, vielen Cafébesuchen und Vintage-Märkten. Ich war sehr froh, sie nach einigen Monaten wiederzusehen, und auch sie freute sich über Besuch aus Deutschland. Sie erzählte mir, dass in dieser Zeit bereits vier andere Freunde bei ihr gewesen waren. Wer Freunde hat, die bereit sind, ein kleines Zimmer zu teilen, sollte definitiv bei ihnen nachfragen – günstiger geht es nicht!
Mit meinem vollgepackten 70-Liter-Rucksack ging es dann weiter nach Bordeaux. Die Zugverbindung zwischen Bordeaux und Paris ist hervorragend und nicht mit deutschen ICEs vergleichbar, man sollte sich also bei der Reise nicht von der Distanz abschrecken lassen! Zum Vergleich: Der Schnellzug Paris-Bordeaux braucht 2:30 Stunden – für eine ähnliche Strecke wie Köln-Berlin, benötigt man jedoch ganze 6 Stunden (hiermit ein Appell an die Deutsche Bahn – wie kann das sein?!).
In Bordeaux angekommen, führte mich meine erste Arbeitsstelle aufs Land. Nach einigen Fragen an eher englisch-abgeneigte Franzosen fuhr ich mit dem Bus 60 Minuten vom Stadtzentrum entfernt zu einem kleinen Anwesen mit Pferdestall. Im ausgebauten Anliegerhaus, das ich mir mit einem anderen Gastarbeiter teilte, konnte ich kostenlos wohnen. Von da an begann mein neuer Rhythmus: morgens um 8 Uhr, bevor es heiß wurde, ging es aufs Feld. Sich um die Pferde kümmern, Zäune reparieren, Reitwege von tiefhängenden Ästen freischneiden und Holz hacken – das war meine Aufgabe, vier Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. Im Austausch dafür erhielt ich Vollverpflegung und durfte mir ein Fahrrad leihen. Hätte ich keine Angst vor Pferden gehabt, wäre auch Reiten möglich gewesen. Das klapprige Fahrrad ohne richtige Bremse war für mich jedoch schon Adrenalin-Kick genug. Was in Deutschland zumindest ein Bußgeld bedeutet hätte, war im ländlichen Süden Frankreichs nicht allzu ernst zu nehmen. Mit meinem „Rad des Südens“ ausgestattet, erkundete ich täglich die Umgebung. Bordeaux habe ich einige Male besucht, allerdings war ich von der Stadt nicht besonders begeistert. Die scharfe südfranzösische Sommerhitze ließ sich sowieso besser auf dem Land in der Hängematte genießen als in der Großstadt. Gemeinsam mit dem Dackel „Peppermint“ genoss ich meine Feierabende und spazierte gelegentlich durch den angrenzenden Wald – ein wunderbares Reset nach Paris.
Nach zwei Wochen ging es weiter nach Bilbao, das sich als wahres Highlight herausstellte. Ein wunderschöner Ort mit einer spannenden Geschichte und für Veganer ein wahrer Himmel im Vergleich zu Bordeaux. Mit meinem gesparten Geld konnte ich mir eine Unterkunft in der Altstadt von Bilbao leisten. Nach einer Woche reiste ich mit dem Bus weiter nach Madrid, wo ich drei Tage in einem Hostel verbrachte. Leider endete mein Städtetrip wegen der Hitze. Am Höhepunkt der Hitzewelle bekam ich einen Hitzeschlag und blieb lieber in der Nähe des klimatisierten Zimmers. Künftig werde ich mehr auf die Temperaturen der Reiseziele achten – bei über 40 Grad lässt sich eine Großstadt kaum ertragen. An dem einzigen Tag, an dem ich draußen war, gab ich 25 Euro nur für kühle Getränke aus, und dennoch endete es mit Überhitzung. So viel zu günstigem Reisen …
Der nächste Stopp auf meiner Route war Brihuega. Sagt euch das nichts? Mir auch nicht – bis zu dieser Reise. Brihuega, ein Ort mit gerade einmal 3000 Einwohnern nahe Guadalajara, liegt ca. 50 km von Madrid entfernt. Dort befindet sich ein Tempel der Hare-Krishna-Anhänger, jener singenden Mönche, die man auch oft in deutschen Städten sieht. Als ich meiner Familie von meinen Plänen erzählte, 4 Stunden von der Hauptstadt zu einer hyper religiösen Gemeinschaft zu fahren, waren sie ziemlich baff. Doch ich war entschlossen. Die Gemeinschaft konnte mir vegane Ernährung garantieren und hatte Fotos ihrer „heiligen Kühe“ auf ihrer Webseite. Also stieg ich in Brihuega in einen weißen Minivan voller singender Leute, der uns den Berg hinauf zum Tempel brachte. Es war eine Parallelwelt. Es gab vier Regeln: kein Fleisch, kein Alkohol, keine Drogen und keine Gewalt. Mein Teamleiter, ein Deutscher, freute sich, wieder Deutsch sprechen zu können. Offenbar wagen sich nicht viele Deutsche in diese abgelegene Gegend. Ich genoss die Zeit sehr – das indische Essen war fantastisch und die Natur beeindruckend. In der Mittagspause kühlten wir uns in einem eisigen Bach ab. Handyempfang gab es nur, wenn man sich an die Wand des Hauptbüros drückte, was auch irgendwie entspannend war. Die Kühe waren liebenswert – auch wenn das Ausmisten nicht zu meinen Lieblingsaufgaben zählte. Zwei Wochen verbrachte ich dort, mit 5 Stunden Arbeit an 5 Tagen die Woche. Eines Abends ging ich mit einer Gruppe polnischer Austauschschüler in die Berge zur Willkommenspredigt. Mit Taschenlampen im Wald unterwegs, fühlte es sich wie der Anfang eines Horrorfilms an. Doch es war die Reise wert. In einer von Kerzen erleuchteten Höhle sang und trommelte man eine Stunde lang. Ein einmaliges Erlebnis.
Mein nächstes Ziel war Barcelona, doch ehrlich gesagt weniger wegen der Stadt selbst. Der Touristenansturm und die hohen Preise erinnerten mich an einen teuren Freizeitpark. Ich traf mich dort jedoch mit einer weiteren Freundin und gemeinsam war die Stadt erträglicher. Nach einem günstigen Haarschnitt war mein Abenteuer beendet und ich flog in zwei Stunden die Strecke zurück, die ich in den letzten zwei Monaten bereist hatte. Abschließend holte mich meine Familie in Amsterdam ab.
Wer nichts gegen abgelegene Reiseziele hat, kein Problem mit Schmutz und auch keine Luxusherbergen erwartet, sollte Work and Travel definitiv eine Chance geben. Zwar erfordert eine Reise mit mehreren Stationen einiges an Planung, aber die gesamte Reise kostete mich 600 €, wovon der Großteil auf das Rückflugticket entfiel. Günstiger geht es kaum, und die Erfahrungen waren einmalig. Die Arbeitszeiten machten die Reise keineswegs weniger erholsam und die freien Tage waren umso wertvoller.
Elijah van Wijnen nutzte die Auszeit vor seinem Studium, um die Welt zu bereisen. Heute gehört er zum Weltweiser-Team und motiviert andere, neue Perspektiven zu entdecken und über den Tellerrand hinauszublicken.
Lust auf mehr Erfahrungsberichte?
Dann klick auf den Work & Travel-Koala!