Schüleraustausch nach Spanien: Viva España

Mein Sommer-Austausch mit Lucía

weltweiser · Schüleraustausch im Pool
  • GESCHRIEBEN VON: LEONIE BEINE
  • LAND: SPANIEN
  • AUFENTHALTSDAUER: 6 WOCHEN
  • PROGRAMM: SCHÜLERAUSTAUSCH
  • ERSCHIENEN IN: (NIX FÜR) STUBENHOCKER.
    DIE ZEITUNG FÜR AUSLANDSAUFENTHALTE,
    NR. 7 / 2017, S. 18-19

Aufgeregt und auch ein bisschen gespannt warte ich mit meinem Vater am Flughafen Düsseldorf. Jeden Moment kann es so weit sein und Lucía, meine Austauschschülerin, mit der ich meinen ganzen Sommer verbringen werde, wird durch die Tür der Ankunftshalle kommen.

Endlich ist sie da, natürlich als eine der Letzten, wie das immer so ist. Wir sind uns schnell sympathisch und sie sagt direkt, was ihr auffällt: „Wow, ist Deutschland grün!“ Unser Austausch wurde vom Rotary Club organisiert, der sich besonders für die Völkerverständigung einsetzt und in vielen Orten auf der ganzen Welt tätig ist. Der Austausch wurde für den Sommer geplant, doch die Vorbereitungen begannen schon im Herbst des vorherigen Jahres. Ich musste mich bei dem Rotary Club unserer Gemeinde vorstellen und erklären, warum sie mir die Möglichkeit des Schüleraustausches geben sollten und wo es hingehen soll. Im Prinzip ist jedes Land als Reiseziel möglich. Einzige Bedingung: Es muss dort jemanden geben, der gerne nach Deutschland will. Bei europäischen Ländern ist das in der Regel kein Problem, eine Freundin ist aber beispielsweise nach Kanada gereist und eine andere nach Ecuador.

Mein Reiseziel sollte Spanien werden und ich war wirklich froh, als der Rotary Club sich meldete und mir mein Wunschreiseziel zusagte. Kurz darauf bekam ich einen Steckbrief von meiner Austauschschülerin und einen Brief und einige Fotos meiner Gastfamilie. Auch ich hatte all das vorbereitet, damit meine Gastfamilie sich möglichst schnell ein Bild von mir machen kann. Wir kamen dann schnell in Kontakt, haben telefoniert und geschrieben, um möglichst bald auch abzuklären, wann genau es losgeht und welche Flüge gebucht werden sollen. Der Zeitraum des Austausches wurde vom Rotary Club auf den Sommer festgelegt, doch die genauen Daten konnten wir selbst bestimmen. Wir entschieden uns, dass Lucía zuerst nach Deutschland kommen sollte, um mit mir hier meinen Geburtstag, unseren Schulabschluss und das örtliche Schützenfest zu feiern. Drei Wochen verbrachten wir gemeinsam in Deutschland. Wir zeigten Lucía die Gegend um unsere Heimat in Nordrhein-Westfalen und fuhren mit ihr in die Hauptstadt Berlin. Außerdem verbracht sie unseren alljährlichen Sommerurlaub an der Ostsee mit uns. Dort lernten wir einige Leute kennen, mit denen wir noch heute in Kontakt stehen. Die Ostsee gefiel Lucía eigentlich sehr gut, es war nur etwas kalt und das Wasser voller Algen. Während des gesamten Austausches pflegten wir den Kontakt zum Rotary Club. Wir waren zusammen mit einigen anderen Austauschschülern, die zu der Zeit in Deutschland zu Besuch waren, essen und es war sehr interessant, von den anderen zu hören, was sie schon alles erlebt hatten oder noch vorhatten.

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Ähnlich wie in Deutschland mit Lucía, erkundeten wir in Spanien zunächst die Umgebung um den Wohnort der Familie. Es war wirklich schön dort. Kleine Gassen, schöne Gärten, ein altes Kloster und hohe Berge. Natürlich statteten wir auch der Hauptstadt einen Besuch ab. Die liegt nur etwa eine dreiviertel Autostunde von dem kleinen Dorf entfernt. Man kann dort wunderbar shoppen, aber auch hier gibt es eine Menge zu sehen. In der Schule in Deutschland lerne ich Spanisch, weshalb ich mir erhoffte, mich viel auf Spanisch unterhalten zu können. Meine Hoffnungen lösten sich jedoch schnell auf, da Lucías Mutter als Übersetzerin arbeitet und sehr gut Deutsch spricht. In vielen Situationen half mir das enorm, da sie mich gut verstanden hat, ohne dass wir mit Händen und Füßen hätten kommunizieren müssen. Andererseits freute ich mich auch, wenn Lucías Vater versuchte, mir so viel wie möglich auf Spanisch zu zeigen oder zu erklären. Lucías Familie hatte für mich noch einen besonderen Ausflug geplant. Für ein langes Wochenende flog ich mit Lucía und ihrer Mutter nach Barcelona, der Hauptstadt der autonomen Gemeinschaft Katalonien. Die Katalanen nehmen das mit der Autonomie sehr ernst. Ich hielt es zunächst für einen Scherz, als Lucías Mutter mir sagte, dass ich, bevor ich hier jemanden auf Spanisch anspreche, fragen soll, ob er das möchte. Aus dem Unterricht war mir bekannt, dass es in Spanien selbst verschiedene Sprachen gibt und dass die einzelnen Regionen darauf auch sehr stolz sind. Doch Katalanen, die lange für ihre Unabhängigkeit gekämpft haben, ist ihre eigene Sprache, das Katalan, das für mich wie eine Mischung aus Französisch und Spanisch klingt, sehr wichtig. Auch die eigene Fahne der Katalanen sah ich in Barcelona öfter als die Spanische Fahne während meines gesamten Aufenthalts in Spanien. Barcelona ist eine wunderschöne Stadt direkt am Meer mit vielen schönen Gebäuden. So erfuhr ich eine Menge über den berühmten Architekten Antonio Gaudí, der zum Beispiel die Sagrada Família entworfen hat.

„Also durfte ich während meines dreiwöchigen Aufenthalts nahezu jede Ecke des Landes kennenlernen“

So wie Lucía unseren Urlaub an der Ostsee mit uns verbracht hatte, durfte ich auch mit ihrer Familie noch Urlaub machen. Es ging nach Kantabrien, im Norden Spaniens in der Nähe des Baskenlandes gelegen. Also durfte ich während meines dreiwöchigen Aufenthalts nahezu jede Ecke des Landes kennenlernen. In Kantabrien trafen wir uns mit guten Freunden von Lucías Familie, die aus dem Baskenland stammen. Das war sehr interessant, denn sie sind vom Gemüt und von ihren Traditionen überhaupt nicht vergleichbar, weder mit den Katalanen noch mit den Spaniern, die aus Madrid kommen. Außerdem lernte ich hier noch mal eine ganz andere Sprache kennen, die meiner Meinung nach fast gar nichts mit dem Spanischen gemeinsam hat. Das konnte man auch an den Namen der beiden Freunde schnell erkennen: Xabi und Eukene. Auch hatte ich in Kantabrien die Möglichkeit, surfen zu lernen. Ich musste jedoch schnell erkennen, dass das nun wirklich nicht mein Sport ist, während Lucía wirklich begeistert war. Wir waren viel am Strand und es war insgesamt eine sehr entspannte Zeit. Das Wetter im Norden Spaniens war für mich auch deutlich angenehmer als die heißen Tage in Madrid. Wir besuchten wunderschöne Strände und gingen viel wandern. Ein Urlaub, den ich mit meiner Familie so wahrscheinlich nie erlebt hätte.

„Ich habe so viel über die spanische Kultur gelernt und viele nette Menschen kennengelernt“

Nach drei Wochen war es dann so weit, ich musste meine Sachen packen und mich langsam von allen verabschieden, die ich während meiner Zeit in Spanien kennengelernt habe. Ich freute mich sehr auf mein Zuhause, auch wenn mein Sommer in Spanien wirklich unvergesslich war. Von meinem letzten Tag in Spanien hatte ich leider nicht mehr viel, es ging schon recht früh zum Flughafen. Ich verabschiedete meine Gastfamilie und bedankte mich für die tolle Zeit. Als Lucías Mutter mir sagte, dass auch sie die Zeit genossen habe und sie sehr froh gewesen sei, dass sie so ein nettes und freundliches Mädchen aufgenommen zu haben, war ich schon sehr gerührt. Auch ich fand es insgesamt sehr angenehm mit meiner Gastfamilie, auch wenn wir schon ab und an unterschiedliche Meinungen hatten. Vor allem Lucía und ihre Mutter waren in manchen Dingen sehr eigen, aber da gewöhnte ich mich dran und lernte schnell, es zu akzeptieren. Ich denke, Lucía wird bei mir zu Hause auch mal den Kopf geschüttelt haben. Für meinen Teil kann ich einen Austausch über den Rotary Club sehr empfehlen. Man kann sich sicher sein, dass man im Austauschland eine gute Familie findet, und zumindest in meinem Fall gab es immer einen Ansprechpartner, der sich um Probleme gekümmert hätte. Obgleich es auch stressig werden kann, ist es absolut lohnenswert. Ich habe so viel über die spanische Kultur gelernt und viele nette Menschen kennengelernt. Außerdem habe ich mich persönlich weiterentwickelt. Man gewinnt durch solche Erfahrungen an Selbstbewusstsein und Stärke. Und ich denke, das sind absolut überzeugende Punkte.

Leonie Beine, 18, macht derzeit eine Ausbildung zur Hörakustikerin und möchte im Anschluss daran ihren Meister in Hörakustik machen oder Elektrotechnik studieren.

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