An den Toren zur Arktis

Abenteuer Praktikum in Island

weltweiser · Auslandspraktikum · Island
GESCHRIEBEN VON: LAURA DROTT
LAND: ISLAND
AUFENTHALTSDAUER: 4 MONATE
ERSCHIENEN IN: (NIX FÜR) STUBENHOCKER.
DIE ZEITUNG FÜR AUSLANDSAUFENTHALTE,
Nr. 1 / 2011, S. 50-51

„Takk!“ – „Danke!“, sagte ich und nahm mein Gepäck in Empfang. Da stand ich also, auf dem wahrscheinlich kleinsten Flugplatz der Welt. Zitternd vor Kälte und eingemummt in Schal und Winterjacke, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Der Anblick, der sich mir bot, war wirklich atemberaubend. Ich war umgeben von schneebedeckten Bergen, während sich vor mir die Weite des Ozeans auftat. Nun war ich endlich im Land der Kontraste und Extreme angekommen: Island! Alles war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Natur schien noch wilder und rauer als in meinem Reiseführer beschrieben, und ich verbrachte die ersten Tage hauptsächlich mit meiner Wärmflasche und viel heißem Tee. Vor meinem Praktikum hatte ich nicht viel über Island gehört und kannte nur wenige Leute, die das Land tatsächlich schon einmal besucht hatten. Diejenigen, die etwas über dieses winzige Land wussten, waren hauptsächlich in der Hauptstadt Reykjavik gewesen. Ich jedoch hatte beschlossen, mein Praktikum in den abgelegenen Westfjorden Islands zu absolvieren. Das Praktikum an einem Hochschulzentrum war auf vier Monate ausgelegt. Es war unvergütet und auch die Reise- und Lebenshaltungskosten wurden nicht erstattet. Ich hatte die Stelle in einer Praktikumsbörse entdeckt und auf meine Bewerbung im Sommer war schon bald die Zusage für Herbst gefolgt.

In Reykjavik hatte ich meinen Anschlussflug nach Ísafjörður genommen, einem kleinen Dorf im äußersten Nordwesten Islands, und erwartete nun aufgeregt einen Mitarbeiter des dortigen Hochschulzentrums, der mich kurz darauf abholte und zu meinem Zimmer brachte. Nachdem ich ausgepackt und die Mitarbeiter der Hochschule kennengelernt hatte, wusste ich, dass ich die richtige Wahl getroffen hatte. Ich schloss Ísafjörður, das Verwaltungszentrum der Westfjorde, sofort ins Herz. Seinen nur etwa 4.000 Einwohnern bietet die kleine Stadt überraschend viel. Neben einem Kino, Bars und einer wunderschönen Bücherei gibt es in Ísafjörður gemütliche Restaurants und in lokalen Cafés werden traditionelle Strickkurse angeboten. Dass hier eine Hochschule ihren Sitz hatte, kam mir anfangs etwas suspekt vor. Doch die Institution war modern, international und größer als erwartet. Am 2005 gegründeten Hochschulzentrum werden Sommerschulen durchgeführt und Isländischkurse gegeben. Für Studierende verschiedener Fachrichtungen ist jedoch vor allem das einjährige Masterprogramm Coastal and Marine Management von Interesse. Als ich hörte, dass sich an der Hochschule oft nicht mehr als 25 Studenten pro Jahr registrieren, wurde mir klar, was die Hauptaufgabe während meines Praktikums sein würde: Studentenrekrutierung!

Schloss Solitude in Stuttgart
18. Januar
Stuttgart
Albertus-Magnus-Gymnasium
10 bis 16 Uhr
Kölner Dom
18. Januar
Köln
Humboldt Gymnasium
10 bis 16 Uhr
Schloss Schönbrunn in Wien
25. Januar
Wien
Polgargymnasium
10 bis 15 Uhr
Mainzer Dom
25. Januar
Mainz
Theresianum Gymnasium
10 bis 16 Uhr

Meine ersten Arbeitstage waren sehr lustig und spannend. Anfangs wusste keiner der Mitarbeiter so recht, was meine Aufgaben sein sollten. Das änderte sich aber bald, und da der Direktor aus Deutschland kam, hatte ich immer eine Ansprechperson, mit der ich mich abstimmen konnte. Meine Hauptaufgabe bestand darin, Strategien für die Rekrutierung von Studenten zu entwickeln und nach Innovationen für Masterkurse zu suchen. Da die Hochschule nur ein Masterprogramm anbietet, versuchte ich, neue Ideen für weitere Programme zu sammeln und diese vorzustellen. Von Beginn an wurde ich nicht „nur“ als Praktikantin betrachtet, sondern wurde behandelt wie alle anderen Mitarbeiter. Das hieß auch, bei sämtlichen Entscheidungen miteinbezogen zu werden. Meine Ideen und Vorschläge wurden immer berücksichtigt und die Arbeit in kleinen Teams war unglaublich effizient. Das Arbeitsklima war sehr harmonisch, da die Mentalität in Island etwas entspannter ist als in Deutschland. Da die Hochschule nur wenige Mitarbeiter beschäftigt, kannte ich nach einigen Tagen schon jeden mit Vornamen und schnell entwickelten sich Freundschaften. Vor allem die breite Vielfalt an Nationalitäten unter den Studenten trug zu einer weltoffenen und interessanten Atmosphäre an der Hochschule bei.

„Jeder weiß die ‚Hot Pools‘ direkt am Meer zu schätzen“

Für die Zeit meines Praktikums hatte ich ein kleines Zimmer in der Wohnung einer Mitarbeiterin gemietet und war über die relativ günstigen Mietpreise überrascht: Mein Zimmer kostete umgerechnet 190 € pro Monat inklusive aller Nebenkosten. Während Hotels und Herbergen eher teuer sind, kann man in Island recht günstig Zimmer und Wohnungen mieten. Der Wert der Isländischen Krone, also der Landeswährung, kann jedoch täglich schwanken und die Inflationsrate ist hoch, sodass die Preise steigen. Lebensmittel sowie alkoholische Getränke sind daher überdurchschnittlich teuer und man sollte einen genauen Kostenplan aufstellen, wenn man vorhat, für einen längeren Zeitraum dort zu leben. Doch abgesehen von den hohen Lebensmittelpreisen ist Island ein attraktives Land, das unglaublich viele abwechslungsreiche Aktivitäten ermöglicht, wie beispielsweise das Baden in den natürlichen Thermalbädern. Diese sind sicherlich ein Wahrzeichen Islands und jeder, der schon einmal hier war, weiß die „Hot Pools“ direkt am Meer zu schätzen.

Als ich mich gerade akklimatisiert zu haben schien, setzte der Kulturschock ein. Eigentlich hatte ich alles ganz gut im Griff: Ich hatte mich eingelebt, Freunde gefunden und die Arbeit machte Spaß. Vielleicht hatte ich einfach nicht damit gerechnet, einen Kulturschock zu erleben. Wahrscheinlich hing dieser unter anderem mit den Eigenarten der Esskultur zusammen. So stehen oft Walfleisch und anderes Ungewohntes auf der Speisekarte. Auch das extreme Wetter machte mir offenbar zu schaffen. Ich hatte mein Praktikum Ende August begonnen und wurde von hochsommerlichen mitteleuropäischen Temperaturen in ein für meine Begriffe winterliches und windiges Klima katapultiert. Sommer bedeutet für viele Isländer 15 Grad in der Sonne, und der Herbst, wie ich ihn aus Deutschland kenne, wird in Island scheinbar einfach übersprungen. Es dauerte eine Weile, bis ich mit dem Wetter und mit den kulturellen Unterschieden und Eigenarten klarkam. Doch irgendwann gewöhnte ich mich an plötzlich auftretende Stürme, verrückte Speisen, lächerlich hohe Lebensmittelkosten, unbezahlbare Alkoholpreise, frei laufende Schafe, unabgeschlossene Haus- und Wohnungstüren und entspannte und frei einteilbare Arbeitszeiten. Jeder, der schon einmal hier gewesen ist, wird Island in sein Herz geschlossen haben – trotz all der Merkwürdigkeiten und extremen Bedingungen. Und vermutlich sind es ja gerade jene kleinen Besonderheiten, die dieses Land so interessant machen.

„Das alltägliche Leben in Island ist aufregend“

Nachdem ich meinen Kulturschock überwunden hatte, wurde ich neugieriger und abenteuerlustiger. Ich unternahm Wanderungen in den Bergen, pflückte an Steilhängen Blaubeeren, ging nachts im eiskalten Meer schwimmen und verzehrte Tausende Becher „Skyr“. Wer „Skyr“ nicht kennt, wird das Lebensmittel leichtfertig als Joghurt bezeichnen. Mich erinnert es jedoch eher an Quark. Das Milchprodukt gilt als Lieblingsnachtisch der Isländer und wird traditionell mit Blaubeeren serviert. Meine Erfahrungen, die ich während des Praktikums machte, werde ich so schnell nicht vergessen. Das alltägliche Leben in Island ist aufregend, und das Arbeitsklima und die Herzlichkeit der Menschen tragen dazu bei, dass man sich nach wenigen Wochen wie zu Hause fühlt. Was ich mit nach Hause genommen habe, sind vor allem atemberaubende Eindrücke, Bilder einer wunderschönen Landschaft, viele Adressen neuer Freunde und die Gewissheit, mein erstes Abenteuer Praktikum bestanden zu haben. „Sjáumst!“ – „Bis bald!“

Laura Drott, 23, ist Studentin der Universiteit Maastricht in den Niederlanden. Sie studiert dort Arts and Culture und möchte später im Bereich der Kulturpolitik arbeiten.

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