Jobben und Reisen in Australien
Nach meinem Abitur war ich mir sicher, dass ich zunächst einmal Deutschland verlassen und ein Abenteuer erleben wollte. Nachdem ich nur Positives über den Kontinent „Down Under“ gehört hatte, bekam ich Lust, selbst dorthin zu reisen. Das „Working Holiday Visum“ weckte schnell mein Interesse. Eigenständig und frei sein Leben organisieren zu können – das klang nach der Schule verlockend.
Obwohl ich wusste, was ich studieren wollte, wollte ich mich nicht direkt wieder in das Lernen stürzen. Meine Eltern zu überzeugen, sollte sich aber als Herausforderung herausstellen. Der Gedanke, dass ihre Tochter für mehrere Monate ans andere Ende der Welt geht, war für sie schwer zu ertragen. Nach langem Überreden war es dann aber geschafft: Ich würde nach Australien fliegen! Wir entschieden uns für eine Organisation, die einer Freundin und mir einen zweitägigen Zwischenstopp in Dubai und die ersten Nächte in Sydney buchte. Außerdem organisierte sie hilfreiche Vorbereitungskurse, bot eine Job-Hotline an und half mit der Bankkarte. Ein Buch half mir, zusätzliches Wissen anzueignen. Als Gepäckstück entschied ich mich für einen großen Rucksack, der sehr gut auf der Hüfte sitzt und trotz Gewicht sehr angenehm zu tragen ist. Vor dem Abflug arbeitete ich in einer Firma am Fließband, um eine finanzielle Grundlage zu schaffen. Als dann der Tag des Abschieds näher rückte, wurde mir schon ganz schön mulmig.
Der Abschied von Familie und Freunden fiel mir sehr schwer, aber direkt am Flughafen lernten wir viele Mitreisende kennen, was den Abschiedsschmerz linderte und die Vorfreude weckte. In Dubai verbrachten wir zwei aufregende Tage und besonders Spaß hatten wir bei einer Wüsten-Safari. Angekommen in Sydney, waren wir zunächst sehr geschafft und verfielen dem Jetlag. Die Organisation vor Ort gab uns am zweiten Tag eine Einführungsveranstaltung und wir beschlossen, direkt eine Woche in einem Surfcamp in Gerringong zu verbringen. Die Woche gehört rückblickend immer noch zu meinen absoluten Highlights. Ich habe so viele Leute kennengelernt, und das Surfen zu lernen war seit Jahren mein Traum. Es stellte sich allerdings als viel anstrengender als erwartet heraus, aber das Gefühl, eine Welle zu stehen, ist einfach unglaublich. Zurück in Sydney hieß es Arbeit suchen. Die ließ zum Glück nicht lange auf sich warten und bevor wir uns versahen, wurden wir in einer Gruppe auf der Straße von Fundraisern angesprochen, die nach neuen Mitarbeitern suchten. Fundraiser arbeiten auf der Straße für Charities und versuchen neue Mitglieder zu werben. Nach einer Woche fanden meine Freundin und ich uns dann in einem schicken Büro am Darling Harbour wieder. Wir wurden zum Vorstellungsgespräch geladen. Für das Gespräch überlegten wir uns, warum wir für den Job gut geeignet sind und wie wir das auf Englisch am besten ausdrückten. Ein schlichtes, nettes Outfit war ausreichend. Ich würde jedem raten, in Vorstellungsgespräche mit einer positiven Ausstrahlung und mit Selbstbewusstsein zu gehen, dann gehen die Fragen leichter von der Hand.
Meine Freundin und ich waren beide erfolgreich und bekamen den Job. Mir machte die Arbeit viel Spaß, besonders da man mit so vielen Leuten in Kontakt kam, tolle Gespräche hatte und so die Sprache verbessern konnte. Genervte Reaktionen konnte ich schnell ausblenden. Jeden Tag arbeitete ich in Teams in verschiedenen Orten der Stadt und sogar ein zweiwöchiger Work-Trip nach Western Australien wurde mir ermöglicht. So war ich in der Lage, in Perth, der Goldgräberstadt Kalgoorlie und kleinen Küstenstädten zu arbeiten. Der Job hat mir viel beigebracht, besonders in der Gesprächsführung. Allerdings herrschte immer viel Druck und Überstunden gehörten zum Alltag. In Sydney lebte ich in sehr vielen Hostels. Schließlich fanden eine Freundin, die ich an meinem ersten Tag kennenlernte, und ich eine zentrale Mädchen-WG. Wir teilten uns ein kleines Zimmer und hatten eine tolle Zeit zusammen. Sydney ist eine wunderschöne Stadt, die viel zu bieten hat, von einem urbanen Städteleben und Bewohnern aus aller Welt bis hin zu einem aufregenden Nachtleben und wunderschöner Natur. Nach drei Monaten verabschiedeten wir uns von der Stadt und meine Mitbewohnerin und ich gingen auf einen Ostküsten-Trip.
„Meine Freundin und ich machten eine Tour zur Cape Tribulation und sahen ein wildes Krokodil“
Zuerst ging es für ein paar Nächte hoch in den Norden nach Cairns. Wir lebten in Cairns in einem Hostel direkt an der Esplanade. Etwas verblüfft bemerkten wir, dass es direkt am Meer eine riesige Poolanlage gibt, die man einfach umsonst nutzen kann. Einen direkten Strand gibt es nicht, da dort Krokodile leben. Wir machten bei „Pubcrawls“ mit und lernten viele neue Leute kennen. Einen Tag fuhr ich in den Regenwald, um mir Kuranda, einen Ort mitten im Regenwald, anzusehen. Meine Freundin und ich machten eine Tour zur Cape Tribulation und sahen ein wildes Krokodil auf dem Daintree River. Eins der Highlights meiner Reise war es dann aber, bei einem Schnorchel-Trip mit einer Meeresschildkröte im Great Barrier Reef zu schwimmen. So wurde noch ein Traum wahr. Mit meiner Freundin buchte ich ein Busticket mit dem wir die Ostküste entlangfahren und überall aussteigen konnten. So machten wir unter anderem Halt in Mission Beach und auf Magnetic Island. Von Airlie Beach aus brachen wir zu einem dreitägigen Segeltrip durch die Whitsunday Islands auf – eine aufregende Erfahrung. Wir schnorchelten und tauchten im Great Barrier Reef und sahen den weltberühmten Traumstand Whitehaven Beach. Weihnachten verbrachten wir in einem Camp auf Fraser Island, der weltgrößten Sandinsel. Hier konnten wir in einem Range Rover sogar über den Strand fahren. Das ist dort nämlich ganz normal, da es keine richtigen Straßen gibt.
„Jeden Tag hatte ich mit netten Leuten aus aller Welt zu tun, vor und hinter der Theke“
Silvester verbrachten wir dann in Noosa am Strand. Unser Hostel hatte hier eine besonders tolle Gemeinschaft. Noosa bietet wunderschöne Strände und vom Nationalpark aus kann man wilde Delfine sehen. Schnell beschloss ich, länger an diesem Ort zu bleiben. Also druckte ich kurzerhand 25 Lebensläufe aus, verteilte diese im Ort, und einen Tag später bekam ich auch eine positive Rückmeldung. Ein Eiscafé hatte Interesse und der Job hinter der Eis-Theke entpuppte sich als Traumjob. Mir machte die Arbeit unglaublich viel Spaß. Jeden Tag hatte ich mit netten Leuten aus aller Welt zu tun, vor und hinter der Theke. Natürlich durfte ich auch das leckere Eis probieren. Stundenlöhne sind in der Regel in Australien viel höher als in Deutschland, daher kann man trotz hoher Lebenshaltungskosten auch sparen. Auch bei der Wohnungssuche hatte ich Glück, denn im Hostel erfuhr eine Freundin, dass ein Zweierzimmer in einer WG frei wurde – unsere Chance. Die WG war günstiger als das Hostel und wir konnten den Pool, den Garten, die große Küche und das Wohnzimmer nutzen. Nach zwei Monaten in Noosa zog es mich nochmal nach Sydney, wo ich ein Musikfestival besuchte und noch ein paar schöne Tage verbrachte. Ich traf mich mit meinen einheimischen Freunden und bekam die Chance, für die Webseite eines Friseurs vor der Kamera zu stehen, den ich in den Monaten zuvor besucht hatte. Mir fiel es wirklich schwer, mich von der Stadt zu verabschieden, die ich mittlerweile als mein „zweites Zuhause“ sehe.
„Ich war von der positiven und offenen Lebensweise durchweg begeistert“
Ich verbrachte noch ein paar Tage in Byron Bay, bevor ich mich mit der Freundin, mit der ich am Anfang nach Australien reiste, in Neuseeland traf. Wir starteten in Auckland und besuchten dann gemeinsam das Set der Herr der Ringe-Trilogie. In Tauranga trafen wir einen Freund aus der Schule und wollten eigentlich mit wilden Delfinen schwimmen, was leider durch einen Sturm sprichwörtlich ins Wasser fiel. Wir besuchten auch Rotorua, wo wir die Thermalbäder sehen konnten, und die Waitomo-Höhlen, die durch Glühwürmchen in ein ganz besonderes Licht getaucht werden. Neuseeland war eine tolle Erfahrung und ich kann es kaum erwarten, mir eines Tages die Südinsel anzusehen. Für mich ging es dann zurück nach Australien, wo ich noch ein paar Tage in Melbourne verbrachte, bevor ich meinen Rückflug antrat. Zuhause angekommen, habe ich mich sehr gefreut, meine Familie wieder in die Arme schließen zu können. Wieder in Deutschland zu sein fiel mir nicht schwer, auch dank des Wiedersehens mit meinen Freunden. Manchmal vermisse ich allerdings noch immer die australische Sonne und die lockere Mentalität. Meine sieben Monate in Australien haben mir so viel mehr beigebracht, als es jede Schule der Welt hätte tun können. Ich bin viel selbstständiger geworden, offener für Neues, und bin auf das, was ich geschafft habe, unheimlich stolz. Meine gesamte Einstellung zum Leben ist viel positiver geworden.
Während der Zeit hatte ich nie starkes Heimweh. Für mich gab es keinen Tag, an dem ich am liebsten sofort nach Hause gefahren wäre. Viel eher habe ich Deutschland auf eine „angenehme“ Art und Weise vermisst und zu schätzen gelernt, was ich an meinem Zuhause habe. Und ganz aus der Welt ist man dank Internet ja auch nicht. Zudem war es nie ein Problem Kontakte zu knüpfen, die Australier sind sehr kontaktfreudig, genau wie die meisten anderen Reisenden. Man lernte sich ganz selbstverständlich im Hostel oder in alltäglichen Situationen kennen. Auch einen Kulturschock hatte ich nie, ich war von der positiven und offenen Lebensweise durchweg begeistert. Ich weiß all meine Erfahrungen und meine neu gewonnenen Freunde unheimlich zu schätzen und diese Erlebnisse kann mir niemand nehmen. Für mich ist das Reisen eine wundervolle Art geworden, sein Leben zu bereichern, und ich liebe es, immer wieder neue Plätze zu entdecken und Freundschaften zu schließen. Der Abschied von Australien und meinen dort neu gewonnenen Freunden fiel mir zwar schwer, aber für mich ist klar, dass ich dorthin zurückkehren werde. Für mich war meine Zeit in Australien bisher die beste Zeit meines Lebens. Ich würde jedem von Herzen raten, sich selbst dorthin auf den Weg zu machen und das Working Holiday Visum zu nutzen. Auch wenn man vorher Zweifel hat, die Erfahrung wird sich mehr als auszahlen.
Ariane Fuchs, 22, absolviert zurzeit ein Auslandssemester an der London Metropolitan University und macht nebenher ein Praktikum in einer Medienagentur. Nach ihrer Rückkehr wird sie weiter International Business mit dem Schwerpunkt Marketing Management an der Cologne Business School studieren.
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